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Adipositas – ein Problem für Körper und Psyche
Dass Adipositas, also krankhaftes übermäßiges Übergewicht, eine ganze Reihe von weiteren körperlichen Begleiterkrankungen mit sich bringt, ist hinlänglich nachgewiesen. Diabetes mellitus, Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen und Arthrose seien hier nur exemplarisch genannt. Weniger bekannt sind die Folgen der krankhaften Fettleibigkeit für die psychische Gesundheit der Betroffenen.
Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Wien und des Complexity Science Hub Vienna hat in einer Studie die statistischen Risiken für Begleiterkrankungen von Adipositas-Patienten untersucht und sich dabei im Speziellen den geschlechterspezifischen Unterschieden zugewandt. „Dabei zeigte sich, dass eine Adipositas-Diagnose die Wahrscheinlichkeit für ein breites Spektrum an psychischen Störungen in allen Altersgruppen signifikant erhöht – darunter Depressionen, Nikotinsucht, Psychosen, Angstzustände, Ess- und Persönlichkeitsstörungen. "Diese Ergebnisse unterstreichen aus klinischer Sicht die Notwendigkeit, das Bewusstsein für psychiatrische Diagnosen bei adipösen Patient:innen zu schärfen und gegebenenfalls bereits in einer frühen Diagnosephase Spezialist:innen zu konsultieren", betont Studienleiter Michael Leutner von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien“, berichtet die Wiener Medizin-Uni auf ihrer Website.
Der Zusammenhang zwischen Adipositas und psychischen Störungen ist zwar keine neue Erkenntnis, allerdings konnten die Forscher die von Medizinern häufig vertretene Annahme, dass Adipositas bei dieser Patientengruppe erst durch psychopharmakologische Medikamente ausgelöst wird, weitgehend entkräften. „„Das mag für Schizophrenie zutreffen, wo wir die umgekehrte zeitliche Reihenfolge sehen, aber unsere Daten stützen dies nicht für Depressionen oder andere psychiatrische Diagnosen", präzisiert Erstautor Alexander Kautzky von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUniWien. Ob Adipositas die psychische Gesundheit direkt beeinträchtigt oder ob frühe Stadien psychiatrischer Störungen unzureichend erkannt werden, ist jedoch noch nicht bekannt.“
Die österreichischen Wissenschaftler fanden weiter heraus, dass weibliche Adipositas-Patienten ein signifikant höheres Risiko für die Entwicklung psychischer Störungen (mit Ausnahme von Schizophrenie und Nikotinsucht) aufweisen als Männer. So entwickelten adipöse Frauen mit 13,3 Prozent fast dreimal so oft Depressionen wie ihre nicht-adipösen Geschlechtsgenossinnen (4,8 Prozent), während die Entwicklung von Depressionen bei adipösen Männer mit 6,61 Prozent gegenüber 3,21 Prozent bei nicht-adipösen Männern nur zweifach erhöht war.
„Dass gemäß der aktuellen Studie Adipositas häufig schweren psychischen Störungen vorausgeht, unterstreicht deren Bedeutung als Risikofaktor für Gesundheitsprobleme aller Art. Dies betrifft vor allem junge Altersgruppen, in denen das Risiko am stärksten ausgeprägt ist. Aus diesem Grund sei ein gründliches Screening auf psychische Probleme bei adipösen Patient:innen dringend erforderlich, damit eine Prävention möglich ist bzw. eine angemessene Behandlung erfolgen kann, folgern die Forschenden.“